Archäologisch Ausgraben heisst Spurensicherung. Ausgraben bedeutet, dass man nach Zeugnissen vergangener Zeiten forscht, die sich im Boden erhalten haben und jeweils in geologische Schichten eingebettet sind. Bei einer Ausgrabung werden diese Schichten sorgfältig dokumentiert und in archäologische Horizonte eingeteilt. Im Idealfall haben sich jüngere über älteren Schichten abgelagert und die in den obersten Schichten eingebetteten Funde sind die jüngsten. In diesem Sinne ist die heutige Situation vor Ort ein weiterer archäologischer Horizont, den es zu dokumentieren bzw. zu erhalten gilt. Da man in der zeitgenössischen Archäologie die Funde lieber gleich am Ort lässt, wo am meisten kontextuelle Information gespeichert ist, soll dieser sorgfältige Umgang mit Befunden und Funden auch Leitmotiv für den architektonischen und didaktischen Zugang unserer Projekteingabe sein.
Es ist deshalb die Absicht unserer Intervention, mit grösstmöglichem Respekt die vorhandene Bausubstanz in ihrem Kontext zu verbessern und die Installation des Künstlerduos Petruschka und Hannes Vogel als weiteren archäologischen Horizont zu behandeln, der in unserem Projekt sichtbar erhalten, didaktisch aber zugänglicher und klarer strukturiert werden soll.
Ist der Erhalt der Erdfenster entschieden, gilt es nun die praktischen Ansprüche an das Projekt zu behandeln. Dabei gilt es den Einblick in die Erdfenster zu verbessern, oder aber, wie beim hinteren Erdfenster, radikal neu zu gestalten.
Als erste Massnahme haben wir uns dafür entschieden, die bestehende, stark reflektierende Verglasung der beiden Erdfenster im vorderen Bereich bei der Rittergasse durch ein leichtes, offenes Pavillondach zu ersetzen, das Terrain zwischen den Erdfenstern leicht abzusenken und die Erdfenster mit den archäologische Fundstellen neu durch eine vertikale Verglasung zu schützen. Die Absenkung des Terrains hilft tiefer in diese „einzutauchen“ und die Verglasungd bürgt durch ihre technischen Spezifikationen auch für Farbechtheit und Absturzsicherung. Um einen guten Einblick in die Erdfenster zu gewähren sind die vertikalen Gläsern,nach Innen versetzt, in neu gestaltete Gusseisenabdeckungen der bestehenden Mauerkronen eingelassen. Oben ist die Verglasung so in die Dachuntersicht eingefugt, dass die Luftzirkulation gewährleistet ist.
Wettbewerb
Murus Gallicus
Kultur BaselSchweiz
Die niedrige Dachhöhe, welche genau die geforderte lichte Höhe von 230 cm im Aufenthaltsbereich garantiert, hat zum Ziel, den entstehenden Pavillon in den Horizont des bestehenden Zauns einzufügen und so, bei geschlossenen Toren, als selbstverständlichen Teil der Schulhofabschrankung erscheinen zu lassen. Damit wird die Konstruktion des Pavillons unserem Anspruch nach respektvoller Einbindung unserer Intervention in die bestehende Umgebung und Bausubstanz gerecht.
Im geöffneten Zustand macht sich der Pavillon die prominente Lage der Erdfenster an der Rittergasse zu Nutzen und erinnert so an den mittelalterlichen Zustand als im Bereich der heutigen Turnhalle zwischen der Ulrichskirche mit Kohlischwibbogen und dem Diesbacherhof eine eigentliche Torsituation bestand.
Beim hinteren Erdfenster wählten wir einen ganz anderen Ansatz. Wie im Wettbewerbsprogramm angesprochen, gilt es an dieser beengenden Stelle des Pausenhofes Platz für die Kinder zu schaffen. Deshalb soll in unserem Vorschlag das hintere Erdfenster „dem Boden gleichgemacht“, ohne dabei zerstört zu werden. Der glückliche Zufall will es, dass die Betonwände des Erdfensters (ausser der als Träger ausgebildeten Westwand) so zurückgeschnitten werden können, dass sich eine Decke aus Stahlträgern und vorgefertigten Betonplatten mit einem Mergel – Kiesbelag problemlos anordnen lässt. Das Erdfenster selbst mit seinen vor Ort beschrifteten geologischen Schichten und archäologischen Horizonten soll über ein drehbares, umgekehrtes Periskop auch zukünftig von der breiten Öffentlichkeit in Augenschein genommen werden können und ein in die Decke eingelassener Gusseisendeckel erlaubt den Zugang für Forschung und Unterhalt.
Die Westwand des Erdfensters, die nicht zurückgeschnitten werden kann, ragt weiterhin aus dem Erdreich und wird mit ihrer Gusseisenabdeckung zu einer willkommenen Sitzbank, welche das Erdfenster weiterhin verortet und über die Materialität auch in einen ästhetischen Zusammenhang zu den vorderen Erdfenstern setzt. Das Periskop markiert in seinere Lage den Verlauf des Murus und schafft so den Bezug zu den roten Jalons der Installation von Petruschka und Hannes Vogel die in den vorderen Erdfenstern erhalten bleiben. Die Ersatzpflanzung für den zu fällenden Baum im Pavillonbereich soll westlich des Erdfensters erfolgen um als weiterer Schattenspender für die Sitzbank und die Benutzung des Periskop zu dienen.
Team:
Architekt:
Harry Gugger Studio
Szenografie:
Bellprat Partners AG