2024
Wettbewerb

Historisches Museum Bern

Kultur Bern
Schweiz

Historische Entwicklung & Städtebauliche Leitidee

Das städtebauliche Konzept ergibt sich selbstverständlich aus der historischen Entwicklung des Kirchenfeldquartiers. Die auf einem hervorragenden Quartierplan basierende Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts hat bis heute gültige Strukturen geschaffen.

Die heterogene und fragmentierte innere Struktur des Museumsquartiers ist eine Folge der klaren und robusten Erschiessungsstruktur welche sich durch den Bau des Bernischen Historischen Museums (BHM) etabliert hat. Die Erschliessungsstruktur, mit den lateral gelegenen Strassenzügen der Berna- und der Helvetiastrasse, bedient nicht nur die Publikumszugänge, sondern selbstverständlich auch die verschiedenen Lager- und Parkplätze sowie die Anlieferungen.

Folglich gilt es die Strassenzüge der Berna- und Helvetiastrasse zu stärken und die Querungen der

leiterförmigen Erschliessungsstruktur zwischen diesen Strassen durchlässiger zu machen, situativ die Beziehungen unter den Institutionen zu verbessern, und, wo möglich, Verbindungen in Längsrichtung zu etablieren, wie zum Beispiel zwischen der Nationalbibliothek und dem Kirchenfeldschulhaus. Eine innere Magistrale zu etablieren, käme einer Herkulesaufgabe gleich und wäre widersinnig, weil dadurch die bestehenden städtebaulichen Strukturen geschwächt würden.

Die Helvetiastrasse soll zur eigentlichen Museumspromenade mit doppelt geführten Baumreihen entwickelt werden. Dabei ist ein Namenstausch mit der bisher Museumsstrasse genannten Querstrasse eine erste, offensichtliche und effiziente Massnahme. Indem das Strassenniveau auf die Trottoirebene angehoben wird, soll der Langsamverkehr in der neuen Museumstrasse gefördert werden. Diese Massnahme bringt Beruhigung und Belebung ins Museumsquartier. Besucherinnen und Passanten werden selbstverständlich zu den Zugängen der verschiedenen Institutionen geführt. So auch zum neuen Südeingang des BHM der prominent in die Erweiterung des Kubus eingefügt ist.

Freiraum

Der Museumsbau, ein wichtiger Zeuge des 19. Jahrhunderts, ist als monumentale, leicht erhabene Geste gedacht und von bis an die Fassaden führenden grünen Gartenräumen und kräftigem Baumbestand gekennzeichnet. Als bildhafter Abschluss der Kirchenfeldbrücke ist das Museum Auftakt in das im englischen Stil geprägte Stadtquartier des Kirchenfeldes mit Villen und intensiv durchgrünten Gärten. Unterschiedliche Atmosphären, fokussierte Durchblicke, inszenierte Blickachsen und Bildstaffagen sowie figural präzise Verortungen von Baumsetzungen schaffen ein dichtes Nebeneinander, unterschiedlicher Raumsequenzen und Nutzungen. Die Eigenart und der Duktus der raumgreifenden Idee leitet sich subtil von den Bildersammlungen des englischen Landschaftsgartens ab und prägte in miniaturisierter Form den Gartenstil des Historismus in der Schweiz.

Um den für die Schweiz wichtigen Zeugen zu stärken, werden die Gartenräume wieder an den ursprünglichen
Zeitgeist angepasst. Mit einzelnen Changierungen und
Korrekturen rücken die unterschiedlichen Gartenbilder im Sinne der Gartendenkmalpflege wieder in einen idealen Sinnzusammenhang. Die zurückgewonnen Raumsequenzen verbinden sich zu einem grossen Ganzen, nehmen unterschiedlichste Nutzungen, Möglichkeiten von Bespielungen und Aneignungen auf und schaffen kaleidoskopische Bühnen für temporäre Ausstellungen im Garten. Vor dem Hauptportal am Helvetiaplatz wird in den sanften Böschungen der burgundische Tausendblumenteppich real mit Pflanzen übersetzt und als dauerhafte Allegorie zurückgewonnen. Dem nordseitigen Screen des Kubus wird auf der Piazza ein Baumkörper entgegengesetzt, der als leicht erhabenes Deck den Substratkörper und einen kontrollierten Wasserstand aufnimmt und zugleich eine Tribüne für den Platz schafft. Dadurch gelingt es, ein mit Grün geprägtes Raumkontinuum mit menschlichem Massstab auch für diesen Bereich wieder herzustellen.

Architektonische Gestalt und Raumorganisation

Wie soll sich das romantische Schloss im Süden mit dem Museumspark verbinden und sich für das Publikum öffnen? Der Kubus hat darauf keine Antwort geliefert. Er scheint im Gegenteil das romanische Schloss, in rückwärtsgewandter Geste, mit einer barocken Befestigung schützen zu wollen. Diesem Stilmix wollen wir Nichts hinzufügen, sondern die bestehende Anlage unter Anwendung von Mimikry erneuern und durch eine eingängige Raumorganisation öffnen.

Dazu wird der Kubus an der Schnittstelle zum Moserbau erweitert, indem die monumentale Treppe teilweise überbaut und auf eine angemessene Breite reduziert wird. In diese Erweiterung wird der Südeingang eingefügt. Das Eingangsfoyer, verbindet das Parkniveau mit der Ebene der Piazza. So entsteht an diesem neuralgischen Übergang von Norden nach Süden gleichzeitig eine innen- und aussenräumliche Beziehung und der erweiterte Kubus strahlt, über die auf unterschiedlichen Höhen angeordneten Fenster, eine neue Offenheit aus und bringt so den Gegenwartsbezug noch verstärkt zum Ausdruck.

Gleichzeitig ist die Vergrösserung des Volumens bei der Massstabslosigkeit des Kubus kaum wahrnehmbar. Die in den Kubus eingelassenen orthogonalen Vertiefungen suggerieren einen aus Steinblöcken gefügten

Wandaufbau. Also ist es naheliegend die Erweiterung des Kubus mit Lehmsteinen zu verkleiden die in ihrer Textur
und Farbigkeit der bestehenden Betonoberfläche angepasst sind. Diese Konstruktionsart ist nachhaltig, effizient und erlaubt eine einfache Ausbildung der Schnittstelle zum Bestand.

Auch die zweite grossmassstäbliche Änderung, die seitlichen Ergänzungen des Treppenhauses und die resultierende südliche Ausdehnung des zentralen Giebeldachs, ist erst auf den zweiten Blick erkennbar. Die weiteren, kleinmassstäblichen Veränderungen, wie z.B. die direkten Zugänge zum Bistro im Gartengeschoss des Moserbaus, werden in der jeweiligen Architektursprache ausgeführt und fügen sich so nahtlos in den bestehenden Formenkanon ein.

Das Prinzip der unauffälligen, selbstverständlichen Massnahmen wird auch für die Neuordnung der inneren Raumorganisation angewandt. Dabei wird, unter Rückbau der späteren Einbauten, die Wiederherstellung des historischen Originalzustandes angestrebt. Um die dynamische Bespielung und die Flexibilität der Raumnutzung zu gewährleisten ist vor Allem die Verbesserung der vertikalen Erschliessung notwendig. Zentral wird die Haupttreppe um einen grossen Lift und eine Fluchttreppe ergänzt. Lateral werden die Türme der Flügelbauten zu attraktiven Treppenhäusern mit Lift umgenutzt.

Team

Architekt

Studio Gugger

Baumanagement

Konstrukt

Bauingenieur

WH-P Ingenieure AG

Elektro-Ingenieur

IBG

Museumsgestaltung & Szenografie

Bellprat Partner AG

Landschaftsarchitekt

Maurus Schifferli Landschaftsarchitekt

Gebäudesicherheit

Amstein + Walter Sicherheit AG

Brandschutzplanung

Quantum Brandschutz GmbH

Bauphysik

Gartenmann Engineering AG

Visualisierung

The image guy